Israels Kandidatin Golan steht vor schwierigem ESC-Einsatz

von Israels Kandidatin Golan steht vor schwierigem ESC-Einsatz © Bild: APA/APA/AFP/GIL COHEN-MAGEN

Eden Golan war von der EBU-Entscheidung zunächst schockiert

Wenn Eden Golan für Israel beim Eurovision Song Contest in Malmö antritt, geht es um weit mehr als ihre Musik. Wegen des Kriegs im Gazastreifen ist ihre Teilnahme heftig umstritten, den Text ihres Songs musste die israelisch-russische Sängerin bereits ändern. Doch die 20-Jährige gibt sich gelassen und motiviert. "Es ist eine Ehre für mich, mein Land zu vertreten", sagt sie.

Wie für Österreichs Kandidatin Kaleen beginnt für Golan der Wettbewerb im 2. Halbfinale am 9. Mai. "Hurricane" heißt der Song jetzt, mit dem Golan beim ESC antritt. Die ursprüngliche Version mit dem Titel "October Rain" (Oktoberregen) hatte die Europäische Rundfunkunion (EBU), die den Wettbewerb organisiert, als zu politisch und damit als Verstoß gegen die ESC-Regeln eingestuft.

Viele verstanden den Text als Anspielung auf die Opfer des grausamen Angriffs der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober, der den Krieg im Gazastreifen auslöste. "Ich war etwas schockiert, als die Europäische Rundfunkunion das Lied nicht genehmigte", sagt Golan in ihrer Wohnung in Tel Aviv im AFP-Gespräch: "In dem Song geht es um ein Mädchen, das seine eigenen Probleme und Gefühle durchlebt, das hat nichts mit dem 7. Oktober zu tun."

Kommentatoren sehen das anders. Zeilen wie "Es gibt keine Luft zum Atmen mehr" oder "Sie waren alle gute Kinder, jedes einzelne von ihnen" beziehen sich ihrer Auffassung nach eindeutig auf die Opfer der Hamas. "Hurricane" hat dieselbe Melodie, aber einen neuen Text.

Auch in dieser Version finden sich Zeilen, die sich als Verweis auf das kollektive Trauma der Israelis verstehen lassen. "Ich bin immer noch gebrochen von diesem Hurrikan", heißt es darin beispielsweise. Der neue Text lasse verschiedene Interpretationen zu, sagt Golan. "Jeder, der es hört, kann sich auf seiner Ebene mit dem Lied identifizieren."

Die Auswahl der Teilnehmer beim Eurovision Song Contest ist immer wieder umstritten. In der Vergangenheit wurden Beiträge trotz klarer politischer Aussagen für den ESC zugelassen, darunter 1982 der deutsche Siegertitel "Ein bisschen Frieden" der Sängerin Nicole oder das ukrainische Lied "1944" von Gewinnerin Jamala 2016, das sich auf die Deportation der Krim-Tataren bezieht.

In ihrer Heimat ist Golans Eurovisionsbeitrag sehr beliebt, ihre Musikvideos laufen andauernd im israelischen Fernsehen. "Ich bekomme viel Unterstützung und habe noch keine negativen Kommentare zu dem Lied gehört", sagt sie. Sogar Kritiker würden sich für die Popballade erwärmen, wenn sie ihr eine Chance gäben. "Das ist die Magie und Schönheit der Musik."

Abseits der Bühne werden in Malmö aber nicht nur die Songs eine Rolle spielen. Die Polizei erwartet sowohl anti- als auch proisraelische Demonstrationen, Israel hat wegen befürchteter Angriffe auf Israelis am Donnerstag seine Reisewarnung für die südschwedische Stadt verschärft.

Während Golan in Schweden singt, hungern und sterben im Gazastreifen weiter palästinensische Kinder und israelische Geiseln bangen um ihr Leben. Tausende Musiker auf der ganzen Welt forderten, Israel wegen seines Krieges gegen die Hamas vom ESC auszuschließen, da - so die Begründung - auch Russland nach seinem Einmarsch in die Ukraine 2022 nicht an dem Wettbewerb teilnehmen hatte dürfen.

Über den Krieg im Gazastreifen möchte Golan nicht reden. Von der Kontroverse um ihre Teilnahme beim ESC will sie sich den Wettbewerb nicht vermiesen lassen. "Ich freue mich wirklich und bin sehr aufgeregt", sagt die Sängerin. Selbst einen Sieg ihres umstrittenen Liedes schließt sie nicht aus: "Ich glaube, alles ist möglich."

(Das Gespräch führte Laurie Churchman/AFP)